Prüfbericht für Prüfbericht zeigt immer dasselbe auf: Die Infrastruktur weist vorzeitige Schäden auf, und vernachlässigte Instandhaltung ist nicht gut. Überhaupt nicht gut. Leider ist es eher die Regel als die Ausnahme, dass Staat, Gemeinden, Regionalverwaltungen und private Grundstückseigentümer genau in diese Situation kommen.
Beispiele, die vernachlässigte Instandhaltung veranschaulichen, gibt es nahezu wie Sand am Meer. Wie kommt es aber zu solchen Situationen? Eine denkbare Antwort ist, dass es wesentlich weniger interessant ist, Ressourcen in die Materialauswahl für die Infrastruktur oder die Instandhaltung der vorhandenen Bauwerke zu stecken als eine neue Grünbrücke, einen neuen Platz oder eine neue Schule zu bauen oder aber andere wichtige öffentliche und beliebte Initiativen im Stadt- und Landschaftsbau zu verwirklichen.
Wenn man den Tatsachen aber wirklich ins Auge sieht, ist die Antwort vermutlich eine andere:Die Entscheidungsträger wissen und verstehen sehr wohl, dass die Wahl von Verfahren und Materialien bei Neu- oder Umbauten und die Instandhaltung wichtig, rentabel und notwendig sind. Die eigentliche Erklärung liegt somit eher darin, dass es schwierig ist. Es ist schwierig, höhere Baukosten für einen nicht immer quantifizierbaren Nutzen in ferner Zukunft zu begründen. Instandhaltung ist schwierig. Es ist schwierig, das richtige Verfahren zur Instandhaltung zum richtigen Zeitpunkt mit dem richtigen Anbieter und zum richtigen Preis auszuwählen.
Diese Antwort lässt vermutlich nicht wenige die Augenbrauen hochziehen. Denn keiner kann wohl im Ernst der Meinung sein, es sei schwierig, einen Riss im Asphalt auszubessern? Aber auch wenn das sehr überraschend sein mag, die Antwort lautet zweifellos: Doch. Und gerade deshalb muss es gemacht und sorgfältig begründet werden. Hierbei müssen Fragestellungen aus ganz unterschiedlichen Bereichen einbezogen werden.
Für eine Weiterentwicklung muss eine wesentlich umfassendere und enge Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Disziplinen stattfinden. Eine Kooperation, die Juristen, Wirtschaftsexperten, Naturwissenschaftler, Statistiker, Ingenieure, Logistiker und Geisteswissenschaftler einschließt, die im Hinblick auf Nachhaltigkeit sämtliche Aspekte einbeziehen.
Es gibt viele Bereiche, in denen verschiedenstes Know-how benötigt wird, um Gesamtlösungen zu verwirklichen, bei denen alle Perspektiven abgedeckt sind, darunter wirklich langfristige Betriebsverträge, die einen Anreiz für die sorgfältige Auswahl von Materialien darstellen und dafür sorgen, dass sich eine sorgfältige Instandhaltung für die Auftragnehmer lohnt, indem der Bauunternehmer beispielsweise einige Jahrzehnte die Instandhaltung des Bauwerks übernimmt. Hierfür sind nicht nur umfassendes Know-how überdie Technik und die Nutzung des Bauwerks erforderlich, sondern auch fundiertes Wissen überdie Finanzierung und langfristige Rentabilitätsmodelle. Alle diese Faktoren müssen in gut formulierten, klaren, vorausschauenden und durchdachten Verträgen festgelegt werden. Dass wir den Nutzen, die Erlebnisse der Nutzer*innen und die Kosten ergänzend in die Lebenszyklusanalyse einbeziehen, versteht sich von selbst, möglicherweise müssen aber auch andere Stakeholder einbezogen werden.
Allgemein ergeben sich interessante Schnittstellen, die durch die Nutzung eines interdisziplinären Ansatzes große Bedeutung gewinnen können. Wie wäre es, beim nächsten auszubessernden Riss im Asphalt Know-how aus den Bereichen Materialermüdung, Polymertechnik, Meteorologie, Energieverbrauch, Hydrologie, Arbeitsumwelt, Reibung, Abzinsung, Vertragsstruktur und Instandhaltsverfahren zu kombinieren?
Klingt interessant, oder?